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Stefan Bergmann Wundmanagement
Stefan Bergmann Wundmanagement

...Krankenpflege in der NS-Zeit...

Das Thema diesmal ist für viele wahrscheinlich schwere Kost - aber es ist mir ein Bedürfnis, euch dieses mit euch zu teilen. So wie alle Bereiche des Lebens hat der Nationalsozialismus in Österreich (wie in ganz Europa und der Welt) auch die Krankenpflege maßgeblich beeinflusst. Beginnend von der Neuaufstellung der Schwesternschaft, über die Ausbildung bis hin zu den eigentlichen Aufgaben der Krankenschwestern und -wärtern.


Bildquelle - http://www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de/2012/05/28/das-drk-wahrend-des-nationalsozialismus-bereitwillig-und-willfahrig-dem-regime-gedient-das-internationale-rote-kreuz-getauscht-und-der-ss-millionenkredite-gegeben/


Über die Krankenpflege im Nationalsozialismus ist zu sagen, sie ist weder von Helden geprägt noch von unschuldigen Opfern.

Sie enthält auf schreckliche Art und Weise leider beide Anteile und zeigt unweigerlich „den endgültigen Verlust der Unschuld eines humanitären Berufs

unter den Bedingungen einer Diktatur“(Steppe, 2013, S. 15).


An allen Aktivitäten des Gesundheitspolitik vom Adolf Hitler waren Krankenschwestern und Krankenpfleger beteiligt. Sie versorgten Kranke, betreuten Verwundete, standen beiden mit Rat und Tat zur Seite, haben Hilfe angeboten im Bereich des Möglichen, waren jedoch auch Mitwirkende bei Menschenversuchen und Massenmorden, und auch aktiv bei der Ermordung von schwachen und psychisch Kranken sowie Behinderten. Viele Krankenschwestern haben, vor allem aus Angst vor Konsequenzen, dabei mitgemacht, ohne die Taten richtig zu hinterfragen - es wurde oft die ärztliche Anordnung vorgeschoben.

NICHT ALLE HABEN DABEI MITGEMACHT.

Krankenpflegepersonen wurden jedoch auch verfolgt und getötet.



Bei all den Gräueltaten, die unter der Politik von Adolf H. stattgefunden haben, kann man, unter Vorbehalt der Ideologie dahinter, auch durchaus ein paar positive Dinge rausfiltern.

Volksgesundheit

In dieser Zeit stand die Volksgesundheit im Vordergrund - legt man dies auf die heutige Zeit um, kann man sagen, dass auch heute die Gesundheit der Menschen im Vordergrund stand. Damals wurden die Gemeindestationen mit ihren Gemeindeschwestern eingeführt (sind jetzt wieder im Kommen). Es war damals üblich, dass jede Gemeine eine solche Sozialstation hatte, von diesen Stationen aus stand die Gemeindeschwestern Patienten und Patientinnen mit Rat und Tat zur Seite. Damals, wie auch heute, war es das Ziel die Menschen zu Hause zu pflegen, ihnen bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zur Seite zu stehen und somit die Krankenhäuser zu entlasten. Folglich kann man die Gemeindestationen mit den Gemeindeschwestern als Vorläufer der Hauskrankenpflege bezeichnen.

Widerstandskämpfer

Auch wenn nur wenige Namen bekannt waren, wie Schwester Maria Restituta, Sara Nußbaum, Schwester Anna Berta Königsegg oder Franz Sitter, so gab es doch Widerstandskämpfer, die nicht an den Untaten der damaligen Zeit mitgewirkt haben und sich dagegen stemmten. Sie versteckten jüdische Mitbürger, verabreichten die vorgegebene 'Medizin', oder pflegten, entgegen der Anordnung, behinderte oder psychisch Kranke Patienten und Patientinnen. Diese Pflegepersonen waren vor allem geprägt durch ihre christlichen Mutterhäuser oder durch ihre ethische Ansicht und handelten nach bestem Wissen und Gewissen, auch wenn sie um ihr eigenes Leben fürchten mussten.

Ethik

Als Hauptpunkt möchte ich die Ethik erwähnen, welche sich nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte. Konnte man sich zum Ende des Krieges noch nicht der eigenen Verantwortung stellen, durch Versorgung der Hinterbliebenen, Kriegsopfer und der zahlreichen Obdachlosen, dem Wiederaufbau der großteils zerstörten Krankenhäuser oder auch aus „Feigheit“. Viele wollten sich den Verbrechen, die sie begangen hatten, nicht stellen und verleugneten die Taten.



Durch die Festsetzung des Nationalsozialismus in Österreich 1938 kam es zu massiven Veränderungen des bis dato bestehenden Pflegebildes. Es kam, mit Hilfe der Darwin’schen Evolutionstheorie, zu einer Auslese, mit dem Ziel eine reine, arische Rasse zu erhalten. Um diese Auslese zu erhalten schufen die Nationalsozialisten menschenunwürdige Gesetze, welche heutzutage weder wissenschaftlichen, sozialen noch ethisch-moralischen Erkenntnissen Einhalt gebieten. Jedoch muss man sich mit diesem Thema auseinander setzen wenn man sich der Bedeutung der Pflege in den Bereichen Hygiene, Krankheitslehre oder Ethik klar werden will. Erst dann wird klar, dass es sich hierbei nicht um ein rein politisches Thema handelt. Betrachtet man die schockierenden Praktiken von damals muss dies genug Motivation geben, ähnliche Entwicklungen bereits im Ansatz zu erkennen und diese zu unterbinden. Die Zeit von damals hat uns vor Augen geführt, dass die Verantwortung, die die Pflegepersonen haben, vermehrt ins Bewusstsein gerufen werden muss und diese nicht blind abgeschoben werden darf.


Wie leicht sich Menschen zu Handlungen hinreißen lassen, wurde in den sechziger Jahren, durch das sogenannte „Milgram-Experiment“ bekannt. Hier wurden Probanden angehalten, in die Rolle des Lehrers zu schlüpfen und ihren „Schülern“ bei Falschantwort einen Stromstoß zu verpassen, obwohl diese wussten, dass dies nicht recht sei. Über sechzig Prozent der mitwirkenden Personen waren dabei als absolut gehorsam eingestuft.


Pflege hat vor allem mit Verantwortung zu tun, welche Menschen in der Ausübung ihres Berufes für das eigene Handeln übernehmen sollten. Verantwortung den zu pflegenden Personen gegenüber, die den Pflegepersonen durchwegs vertrauen. Inwieweit wird dabei die Verantwortung für das eigene Handeln abgegeben? Ist eine Krankenpflegeperson nur Handlanger und deshalb immer „nicht schuldig“? Auch das Berufsverständnis an sich sollte dringend hinterfragt werden. Wie weit ist die Vorstellung von Eigenverantwortung und Autonomie wirklich Realität und wie weit ist die Pflege bereit zu gehen, ihre menschlichen Ansprüche auch selbst ernst zu nehmen? In der Zeit des Nationalsozialismus hat man speziell beim Pflegeberuf gesehen, wie weit die Personen zu gehen bereit sind, im Sinne des Gehorsams und der Anpassung aber auch auf dem Wege des Widerstands und Sich-Verweigerns. Wann wird Menschlichkeit ins Gegenteil umgekehrt und wann beginnt die Verantwortung des Berufes gegenüber?


Diese Zeit hat uns gelehrt, Augen, Ohren und Herz offen zu halten, auch schon kleinste Anzeichen von Inhumanität kritisch zu und sich mit den eigenen Grenzen zu befassen.


Dies ist ein kleiner Auszug meiner Abschlussarbeit im Zuge der Ausbildung zum diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger. Auf Wunsch kann ich Ihnen gerne die gesamte Arbeit freigeben. Danke, dass Sie sich diesem kritische Thema annehmen.


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